Diesen Artikel fanden wir in der Berliner Zeitung. Und die Überschrift war genauso geschrieben wie oben. Wenn das noch Journalismus ist, dann ist die Berliner Zeitung am Ende. Lange Kämpfe, Verkäufe und neoliberale Ausmergelungsprozesse haben die Zeitung kaputt gemacht. Übernommen wurden offensichtlich nicht die Besten der ursprünglich mal respektablen Zeitung. Uns alle kostet die Kritik von Hetzartikeln viel Zeit, darum sei diese Kritik mal beispielhaft publiziert und durch Euch weiterverbreitet bis in die Leser*inneschaft der Berliner Zeitung. Schließlich sollen viele daran teilhaben, wie man Artikel kritisch lesen kann. Wir machen mal ne Operation am offenen Herzen und kommentieren in den Artikel rein. Fett gedrucktes von uns.
Bildunterscchrift unter zentral gesetztes Bild der „Festung“ Rigaerstr. 94:
Seit Jahren terrorisieren die Linksextremisten die Anwohner. (Hier werden zwei Begriffe zusammen gebracht: Terror und Linksextremismus. Welchen Zweck hat das? Es soll uns als Leser*innen suggerieren, es gehe um Terrorismus von Linken) Schade, dass das Haus nicht geräumt wird. (Das steht da allen ernstes! Auch mit der Bildredaktion gingen die braunen Pferde durch.)
(Dann weiter im Text:)
Berlin – Kürzlich ging bei uns ein Leserbrief zum Thema Rigaer Straße 94 ein. Peter J. aus Friedrichshain (zu seinem Schutz schreiben wir den Namen nicht aus) beklagte sich: „Bei mir an der Straße steht seit ein paar Tagen auf einem gekennzeichneten Behindertenparkplatz ein abgefackeltes Auto. Auf der zerstörten Windschutzscheibe prangt ein Plakat mit dem Titel: Rigaer 94 verteidigen. Auf dem Plakat ist ein zerstörtes Auto im Kreis von kopfgroßen Pflastersteinen zu sehen. Wer legt diesen Banditen und Terroristen und ihren politischen Hintermännern und -frauen vor allem bei den Grünen endlich das Handwerk? Wie lange lässt sich dieser Staat von einem vermeintlich alternativem Wohnprojekt auf der Nase herumtanzen und lächerlich machen?“(Und hier bekommen wir das Futter geliefert, das der Journalist braucht. Ein Anwohner, anonym natürlich, spricht es aus: „Banditen und Terroristen“. Unter Terrorismus versteht aber das Strafgesetzbuch in der Regel etwas das mit Mord zu tun hat. Um Differenzierung geht es dem Autoren aber gar nicht. Er will den Begriff „Terrorismus“ etablieren und bedient sich eines fragwürdigen Leserbriefes. Nun ist der Wahrheitsgehalt des Leserbriefes nicht zu überprüfen. Weder wissen wir von dem Auto, noch wissen wir tatsächlich ob das abgebrannte Auto und das Plakat in einem Zusammenhang stehen. Vermutlich existiert ein abgebranntes Auto. Nicht unüblich in Grossstädten. Doch ob es einen Behindertenparkplatz gibt, das müssen wir glauben. Auch das Plakat müssen wir glauben. Noch nicht mal das muss aus der Rigeaerstr. kommen. Und wenn, was sagt das dann aus? Und ob das abgebrannte Auto im Zusammenhang steht mit der Rigaerstr. , wer will das denn belegen? Das wird auch einfach so behauptet. In der Regel wird jeder Pups denen angeheftet, die man bekämpfen will. So kann es sich auch mit einem verkohlten Auto verhalten. Und der Autor greift hier zu einem Kunstgriff – er lässt einen wütenden Leserbrief den Vortritt diesen Zusammenhang herzustellen, der da sagt: Das Auto wurde von den Terroristen in der Rigaerstr angesteckt. Damit hat er, der Journalist, eine Quelle etabliert, die für ihn ausspricht was er denkt und dessen Behauptungen er vor allem nicht belegen muss! Und nicht belegen will! Das ist hierbei das wichtigste. Der Leserbrief ist nur Mittel zum Zweck, Peter J. ist der nützliche Idiot.
Widmen wir uns nochmal dem ausgebrannten Fahrzeug ; war es ein Kleinwagen oder eine teures Fahrzeug? Die Frage sagt zwar nichts darüber aus, ob man nun ein verbranntes Auto toll findet oder nicht, es ist aber auch dennoch ein Unterschied ob es einem armen Rentner gehört oder einem Besitzer eines millionenteueren Lofts. Da scheiden sich auch in der Hauptstadt schnell die Geister und je teurer die abgebrannte Karre um so grösser die heimliche oder offene Sympathie von allerlei Milieus weit über die verhasste Rigaerstr. 94 hinaus.
Wir werden in dieser kurzen Passage kurzerhand also mit allerlei Behauptungen konfrontiert und wissen noch nicht mal ob der Leserbriefschreiber nicht ein AfDler ist, der sowieso alles hasst was nicht passt. Solche Trollmails finden sich zuhauf in einschlägigen Foren. Wir sollen es auch nicht wissen und der Journalist hinterfragt diesen Hass auch nicht. Er benutzt den Leserbrief komplett zu seinem Zweck)
Solche Erfahrungen und Schlussfolgerungen sind seit Jahren von vielen Nachbarn der europaweit bekannten Linksextremisten-Hochburg zu hören. Autos werden angezündet, Fassaden beschmiert, Stahlkugeln mit Zwillen in Kinderzimmerfenster geschossen; Anwohner, die sich kritisch äußern, werden von den autoritären Bewohnern in stalinistischer Manier „vorgeladen“. (Kein Beleg, eine aneinander Reihung von Behauptungen, von denen es sicherlich auch andere Sichtweisen gibt. Die werden aber gar nicht recherchiert. Wir können es glauben oder nicht was da behauptet wird. Aber die Macht des Wortes einer Zeitung ist ein Mittel um Meinung zu machen.)
Jetzt dürfte wieder ein großer Polizeieinsatz anstehen, für den ab Mittwoch drei Tage lang die umliegenden Straßen zum Sperrgebiet werden. Denn der Hausbesitzer muss den Brandschutz in der verbarrikadierten „Rigaer 94“ begutachten lassen. Für die Autonomen ist dies ein Anlass, sich ihrer selbst zu vergewissern als die letzten Unbeugsamen gegen die Gentrifizierung. Doch das Haus ist kein soziokulturelles buntes Biotop, sondern eine hermetisch abgeriegelte Festung – bewohnt von Egoisten, die, wenn überhaupt, niedrigste Mieten zahlen (Das sei allen Menschen dieser Stadt zu gönnen, hier will wer Neid schüren für ein Recht das allen zu zugestehen wäre; bezahlbare Mieten als Mindeststandard) und die Nachbarn terrorisieren. (Nun kommt die Wiederholung nochmal ins Spiel, der Terror. Das ein Haus, welches sich so stark gegen Verdrängung und ihre Räumung wehrt wie die Rigaerstrasse 94 sich gegen Übergriffe schützen muss, davon kein Wort. Weder von den Faschisten, die das Haus heimsuchen könnten, weder von den Bautrupps, die das Haus schon mal angegriffen haben, oder die Polizei, die bereits einmal ihre Kompetenz überschritt und eine Räumung auf eigenen Faust und ohne Anweisung durchziehen wollte. Der Journalist verschweigt all dieses. Er baut die Rigaerstrasse zu einem Feindbild ohne gleichen auf. Der Still, und das ist harter Tobak, folgt der Logik einer Stigmatisierung. Und warum? Weil er eine Räumung will. Ohne rechtliche Grundlage wünscht er sich; und er will uns da auf seiner Seite wissen; eine Räumung herbei. So wird eine Stimmung herbeigeredet, die die Vernichtung der Rigaerstrasse 94 will. Das ist eine Auslöschungsphantasie eines weißen Mannes, der sich gemein macht mit faschistischer Saubermannpolitik. Bedenken wir nochmal; es geht hier bei der Rigaerstr. nur um ein Rechtsgutachten zum Brandschutz!)
Um die Lage zu beruhigen betonte der Sprecher von Innensenator Geisel wiederholt, dass die Brandschutz-Begehung keine Räumung sei. Nein, ist sie nicht. Schade eigentlich.
Dieser Kommentar des Journalisten müsste einer Zeitung, die was auf sich hält, eigentlich unwürdig sein. Scheinbar verfügt die Zeitung aber nicht über eine kritische Chefredaktion, die solche Kommentare einer Blattkritik unterzieht. Aus der eigenen Verblendung heraus hetzerisch zu agieren und demagogisch aufstacheln; das ist kein souveräner Journalismus – das ist leider Müll und war das Papier nicht wert. Nebenbei wird die Zeitung damit unkäuflich.
Der unkommentierte Artikel hier:
[…] ist die Rigaerstrasse 94 zum Objekt von einigen von Hass verblendeten Journalisten geworden. Unlauterer Journalismus in der Hauptstadt geht einher mit der Zerstörung von streitbaren […]